Absturzsicherung - wer ist verantwortlich?
Absturz betrifft alle am Bau Beteiligten: Unternehmerinnen und Unternehmer, Beschäftigte, Bauherrinnen und Bauherren sowie Planerinnen und Planer. Deshalb tragen alle Verantwortung für dieses Thema.
Pflichten einhalten ist eine der wichtigsten Präventionsmaßnahmen.
1. Unternehmensleitung
Unternehmerinnen und Unternehmer haben deshalb die Verpflichtung, Arbeitsschutz im Betrieb zu organisieren und zu realisieren. Dabei hat die Unternehmerin bzw. der Unternehmer eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben. Vorgesetzte sind gegenüber Beschäftigten in der Fürsorgepflicht.
Die Unternehmensleitung hat z. B. folgende Aufgaben:
- Gefährdungsbeurteilungen erstellen und Maßnahmen entsprechend der Maßnahmenhierarchie (§ 4 ArbSchG) festlegen (mehr zu Maßnahmenhierarchie im DGUV Grundsatz 311-003 Erstellung von Handlungshilfen zur Gefährdungsbeurteilung auf Seite 26 unten)
- Wirksamkeit der Maßnahmen überprüfen (§ 3 ArbSchG) und Mängel und Defizite abstellen und beheben
- Geeignete Mitarbeiter auswählen
- Verantwortungsbereiche abgrenzen und ggf. Unternehmerpflichten übertragen (Vorlage der BG BAU)
- Betriebsanweisungen für Arbeitsmittel erstellen und pflegen (Vorlagen der BG BAU)
- Unterweisung der Beschäftigten für Tätigkeiten und die Verwendung von Arbeitsmitteln selbst durchführen, z. B. mithilfe der Betriebsanweisung, Bausteine der BG BAU und DGUV-Schriften usw. oder mit Hilfe von externen Anbietern durchführen lassen.
- Motivation und Anleitung zu sicherheitsbewusstem Arbeiten, z. B. mithilfe der Stopp-Botschaft und klaren Regeln
Unternehmerinnen und Unternehmer können sich für Ihre Aufgaben beraten lassen. Weitere Infos gibt es hier.
2. Aufsichtführende Personen
Die aufsichtführende Person ist eine zuverlässige, mit der Arbeit vertraute und auch weisungsbefugte Person. Sie hat z. B. folgende Aufgaben:
- Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im übertragenen Verantwortungsbereich
- Beaufsichtigung und Überwachung der arbeitssicheren Durchführung der Arbeiten. Hierfür muss sie ausreichende fachliche Kenntnisse besitzen.
- Festlegung bzw. Durchführung von Einzelmaßnahmen zur Abwehr von Gefahren
- Motivieren der Kolleginnen und Kollegen zur Einhaltung von sicherheitstechnischen Regeln durch z. B. vorbildliches Verhalten
- Keine Toleranz gegenüber Absturzgefahren im Verantwortungsbereich: Stopp-Botschaft leben und Arbeiten einstellen bei Gefahr, Gefährdungen beseitigen lassen
- zur Verfügung gestellte Sicherheits- und Arbeitsschutzmittel benutzen lassen; darauf bestehen, dass z. B. persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz auch getragen wird
3. Beschäftigte
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben eine Mitwirkungspflicht (§ 15 ArbSchG, § 21 Abs. 1 SGB VII):
- Auf sich selbst und die Kollegen und Kolleginnen achten, Anweisungen beachten
- Bei Gefährdungen wie defekten Sicherheitsvorrichtungen gegen Absturz: Arbeit einstellen (Absturzgefahr ist Lebensgefahr!) und Vorgesetzte unverzüglich über Gefahren informieren (§ 16 Abs. 1 ArbSchG) bzw. Gefährdung beseitigen. Erst wenn der Mangel beseitigt ist, darf die Arbeit fortgesetzt werden.
- Nutzung der zur Verfügung gestellten Sicherheits- und Arbeitsschutzmittel, z. B. persönliche Schutzausrüstungen (PSA)
4. Bauherrinnen und Bauherren, Planerinnen und Planer
Bereits bei der Planung von Gebäuden, Bauarbeiten und Baustellen können entscheidende Weichen für die Sicherheit der Beschäftigten gestellt werden. Die Absturzsicherung muss von vorne herein berücksichtigt und eingeplant werden.
Das Bauordnungsrecht enthält eine grundlegende Festlegung zur Absturzsicherung auf Dächern. So findet sich in der Musterbauordnung der Passus in § 32 Dächer (8):
„Für vom Dach aus vorzunehmende Arbeiten sind sicher benutzbare Vorrichtungen anzubringen.“
Dies ist an die Bauherrin bzw. an den Bauherrn und damit auch die mit der Planung beauftragten Personen adressiert. Weitere Informationen hierzu sind z. B. in diesem Artikel zusammengefasst.
Den Stand der Technik bezüglich der sicher benutzbaren Vorrichtungen auf Dächern beschreiben unter anderem Normen wie die DIN 4426 „Einrichtungen zur Instandhaltung baulicher Anlagen - Sicherheitstechnische Anforderungen an Arbeitsplätze und Verkehrswege - Planung und Ausführung“, Planungshilfen wie die DGUV Information 201-056 „Planungsgrundlagen von Anschlageinrichtungen auf Dächern“ oder die DGUV Information 203-080 „Montage und Instandhaltung von Photovoltaik-Anlagen“ (siehe auch Planungsinformationen).
5. Private Bauherrinnen und Bauherren
Sie führen Bauarbeiten in Eigenleistung durch und bekommen dabei Unterstützung durch Verwandte oder Bekannte? Dann liegt es in Ihrer Verantwortung, die am Bau Baubeteiligten vor Gefährdungen zu schützen und Unfälle zu melden.
Bei Eigenbaumaßnahmen, bei denen Hilfskräfte zum Einsatz kommen, die nicht einem gewerbsmäßigen Unternehmen angehören, sind private Bauherren verpflichtet Helferinnen und Helfer bei der BG BAU zu melden und Beiträge zu entrichten, damit diese Personen versichert sind. Die BG BAU bietet zudem die freiwillige Versicherung für private Bauherrinnen und Bauherren an.
Weitere Infos gibt es hier: www.bgbau.de/private-bauherrinnen-und-bauherren
6. Arbeitsschutz-Experteninnen und -Experten
Dazu zählen
- Fachkräfte für Arbeitssicherheit (SiFa),
- Betriebsarzt (BA),
- Sicherheitsbeauftragte (SiBe) und die
- Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinatoren (SiGeKo).
Personen mit Arbeitsschutzexpertise haben die Aufgabe die Bauherrin bzw. den Bauherren bei seinen Aufgaben bezüglich der Arbeitssicherheit und dem Gesundheitsschutz seiner Beschäftigten zu beraten und auf Missstände hinzuweisen.
Weitere Informationen siehe Baustein A001 und hier.