Explosionsgefahr

Es wird zwischen 

  1. explosiven Stoffen und Gemischen und 
  2. explosionsfähigen Gemischen 

unterschieden. Staubexplosionen (explosionsfähige Staub-Luft-Gemische) werden gesondert beschrieben.

1. Explosive Stoffe und Gemische

Definition:

Explosive Stoffe und Gemische nach CLP-Verordnung:

Feste oder flüssige Stoffe oder Stoffgemische, die durch chemische Reaktion Gase solcher Temperatur, solchen Drucks und solcher Geschwindigkeit entwickeln können, dass hierdurch in der Umgebung Zerstörungen eintreten. Dazu gehören auch pyrotechnische Stoffe, selbst wenn sie kein Gas entwickeln.

Desensibilisierte explosive Stoffe und Gemische nach CLP-Verordnung (12.ATP):

Desensibilisierte explosive Stoffe/Gemische sind feste oder flüssige explosive Stoffe oder Gemische, die phlegmatisiert werden, um ihre explosiven Eigenschaften so zu unterdrücken, dass es zu keiner Massenexplosion kommt und sie nicht zu schnell abbrennen, sodass sie von der Gefahrenklasse „explosive Stoffe/Gemische und Erzeugnisse mit Explosivstoff" ausgenommen werden können.  

Messverfahren der Explosionsgefährlichkeit (Empfindlichkeit):

Ob Flüssigkeiten oder Feststoffe explosiv sind, wird durch die Bestimmung der thermischen (feste und pastöse Stoffe, Flüssigkeiten) und mechanischen Empfindlichkeit (Flüssigkeiten) festgestellt. Bei der mechanischen Empfindlichkeit wird zwischen Schlag und Reibung unterschieden. Bei der thermischen Empfindlichkeit wird die Prüfsubstanz in einer Stahlhülse erhitzt, die durch Düsenplatten mit Öffnungen verschiedenen Durchmessers verschlossen ist. Auf diese Weise wird bestimmt, ob der Stoff unter intensiver thermischer Beanspruchung durch Flammenzündung bei definiertem Einschluss explodieren kann. Bei der mechanischen Empfindlichkeit durch Schlag wird die Prüfsubstanz dem Schlag eines festgelegten Fallgewichtes aus einer festgelegten Höhe ausgesetzt. Bei der mechanischen Empfindlichkeit durch Reibung werden feste oder pastenförmige Substanzen der Reibung zwischen standardisierten Oberflächen unter festgelegten Bedingungen der Belastung und der relativen Bewegung ausgesetzt.

Abbrandgeschwindigkeit

Desensibilisierte explosive Stoffe und Gemische werden entsprechend der korrigierten Abbrandgeschwindigkeiten gemäß des Prüfverfahrens aus dem Handbuch über Prüfungen und Kriterien eingestuft.

Geeignete Prüfmethoden:

In der CLP-Verordnung werden Prüfungen gemäß der UN-Prüfserien 2 und 3 aus dem Gefahrgut-Recht (UN-Empfehlungen für die Beförderung gefährlicher Güter, Handbuch über Prüfungen und Kriterien) gefordert.

Unter der Zubereitungsrichtlinie wurde das Messverfahren zur Bestimmung der Explosionsgefahr von Feststoffen und Flüssigkeiten (thermische und mechanische Empfindlichkeit) in der Prüfmethoden-Verordnung (EG) Nr.440/2008, Teil A, Methode A.14 beschrieben. Auf diese Methode wird weiterhin in europäischen Rechtsvorschriften wie die Seveso-III-Richtlinie (RL 2012/18/EU) und in nationalen Vorschriften wie in der Störfall-Verordnung und dem Sprengstoffgesetz Bezug genommen. Als Prüfmethode zur Einstufung nach CLP-Verordnung kann die Methode A.14 nicht mehr verwendet werden.

Angabe im Sicherheitsdatenblatt:

Es sind die explosiven Eigenschaften wie Instabilität, Explosionsfähigkeit, mechanische Empfindlichkeit, thermische Stabilität anzugeben.

Bei desensibilisierten explosiven Stoffen und Gemischen werden Angaben zur Haltbarkeit und Anweisungen zur Überpfrüfung der Desensibilisierung aufgeführt. Sind die Stoffe oder Gemische nicht ausreichend desensibilisiert, dann werden Empfehlungen zur Vermeidung einer erhöhten Gefahr durch Feuer, Druckstoß oder Sprengstücke angegeben.

Einstufung und Kennzeichnung:

Gemäß CLP-Verordnung werden explosive Stoffe und Gemische in die Gefahrenklasse „Explosive Stoffe/Gemische und Erzeugnisse mit Explosivstoff“ mit den Kategorien Instabil, explosiv und die Unterklassen 1.1, 1.2, 1.3, 1.4, 1.5 und 1.6 eingestuft. Bis auf die Unterklassen 1.5 und 1.6 (beide ohne Gefahrenpiktogramm) werden sie mit dem Gefahrenpiktogramm „explodierende Bombe“ (GHS01) gekennzeichnet.

Desensibilisierte explosive Stoffe und Gemische werden in die Gefahrenklasse "Desensibilisierte explosive Stoffe/Gemische" mit den Kategorien 1 bis 4 eingestuft. Sie werden alle mit dem Gefahrenpiktogramm "Flamme" (GHS02) gekennzeichnet.

Gemäß Stoff- und Zubereitungsrichtlinie (seit 1.6.2015 außer Kraft gesetzt!):

Stoffe und Gemische werden nach Stoff-Richtlinie RL 67/548/EWG als explosionsgefährlich eingestuft und mit dem Gefahrensymbol »E« und der Gefahrenbezeichnung »explosionsgefährlich« gekennzeichnet, sofern die Stoffe und Gemische in der Form, in der sie in den Verkehr gebracht werden, explosionsgefährlich sind.

Tipps:

Zu den Gefahrstoffen zählen gemäß §2 Gefahrstoffverordnung auch Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, die explosionsfähig sind.

2. Explosionsfähige Gemische

Definition:

Explosionsfähige Gemische/Atmosphäre nach Gefahrstoffverordnung (GefStoffV):

Ein »explosionsfähiges Gemisch« ist ein Gemisch aus brennbaren Gasen, Dämpfen, Nebeln oder aufgewirbelten Stäuben und Luft oder einem anderen Oxidationsmittel, das nach Wirksamwerden einer Zündquelle in einer sich selbsttätig fortpflanzenden Flammenausbreitung reagiert, sodass im Allgemeinen ein sprunghafter Temperatur- und Druckanstieg hervorgerufen wird.

Ein »gefährliches explosionsfähiges Gemisch« ist ein explosionsfähiges Gemisch, das in solcher Menge auftritt, dass besondere Schutzmaßnahmen für die Aufrechterhaltung der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten oder anderer Personen erforderlich werden (gefahrdrohende Menge).

»Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre« ist ein gefährliches explosionsfähiges Gemisch unter atmosphärischen Bedingungen im Gemisch mit Luft als Oxidationsmittel unter atmosphärischen Bedingungen (Umgebungstemperatur von –20 °C bis +60 °C und Druck von 0,8 Bar bis 1,1 Bar).

Geeignete Prüfmethoden:

Es gibt verschiedene sicherheitstechnische Kenngrößen, um die Explosionsfähigkeit von Stoffen und Gemischen zu beurteilen, wie z.B.: 

Explosionsgrenzen/-bereich

Flammpunkt (Flüssigkeiten)

Abbrandzeit (Feststoffe)

Zündtemperatur

Brennpunkt

Selbstentzündungstemperatur (Feststoffe)

Sauerstoffgrenzkonzentration 

Die Prüfmethoden für die einzelnen sicherheitstechnischen Kennzahlen sind in den entsprechenden Kapiteln angegeben. 

Einstufung und Kennzeichnung:

Gemäß CLP-Verordnung Anhang II Teil 1 sind ergänzende EUH-Sätze für explosionsfähige Stoffe und Gemische aufgeführt.

Gemäß Stoff- und Zubereitungsrichtlinie (seit 1.6.2015 außer Kraft gesetzt!):

In der Stoffrichtlinie RL 67/548/EWG, Anhang VI, Kapitel 2.2.6 sind zusätzliche R-Sätze für Explosionsgefahren mit den entsprechenden Kriterien angegeben. 

Angabe im Sicherheitsdatenblatt:

Unter explosive Eigenschaften  werden Hinweise auf Gefahren einer Explosion und deren mögliche Auslöser gegeben. Es ist auf die Möglichkeit der Bildung explosionsfähiger Staub-/Luftgemische hinzuweisen. Desweiteren werden Explosionsgrenzen angegeben.

Literatur:

Eine gute Übersicht über die Grundlagen der sicherheitstechnischen Kenngrößen bietet das Merkblatt R003 der BG RCI. Sicherheitstechnische Kenngrößen für brennbare Flüssigkeiten und Gase, Stäube und deren Gemische sind in der kostenpflichtigen Datenbank CHEMSAFE abrufbar. Weitere Informationen zum Explosionsschutz sind bei der physikalisch technischen Bundesanstalt (PTB) erhältlich. 

Tipps:

Für Tätigkeiten mit Stoffen oder Gemischen, die mit Luft eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre bilden können, gilt die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV). Die besonderen Schutzmaßnahmen gegen Brand- und Explosionsgefährdungen in §11 und Anhang I Nr.1 „Brand- und Explosionsgefährdungen“ sind zu beachten. Die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) und die Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) konkretisieren die Ermittlung und Bewertung von Brand- und Explosionsgefährdungen sowie die Ableitung von geeigneten Maßnahmen. Die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) regelt die überwachungsbedürftigen Anlagen. Der Abschnitt 3 "Explosionsgefährdungen" Anhang 2 BetrSichV gilt für Prüfungen von Arbeitsmitteln und für Prüfungen der technischen Maßnahmen in explosionsgefährdeten Bereichen.