Atemwegssensibilisierung

Definition:

Atemwegssensibilisierung ist eine allergische Reaktion. Es wird eine spezifische Überempfindlichkeit am Atemtrakt hervorgerufen. Die Überempfindlichkeit äußert sich dabei in der Regel als Asthma, jedoch werden auch andere Überempfindlichkeitsreaktionen wie Rhinitis und Alveolitis in Betracht gezogen.

Sensibilisierend wirken Stoffe und Gemische, die bei Einatmen eine Überempfindlichkeitsreaktion hervorrufen können, so dass bei künftiger Exposition gegenüber dem Stoff oder dem Gemisch charakteristische Störungen auftreten. Sie werden Inhalationsallergene genannt.

  • Asthma bronchiale

Definition:

Es kommt zum anfallsweisen Auftreten von Atemnot infolge variabler und reversibler Bronchialverengung durch Entzündung und Hyperreaktivität der Atemwege. Das allergische Asthma bronchiale wird durch eine Immunoglobin-E-vermittelte Sofortreaktion ausgelöst. Ursachen für ein Asthma bronchiale können aber auch andere Faktoren wie z.B. chemisch-irritative oder toxisch wirksame Stoffe (siehe Atemwegsreizung), Infektionen, Analgetika, Anstrengung sein

  • Rhinitis

Definition:

Rhinitis ist eine durch Immunglobulin IgE vermittelte Sofortreaktion der Nasenschleimhaut auf allergisierende Substanzen. Man nennt es auch Fließschnupfen.

  • Alveolitis

Definition:
Die allergische Alveolitis ist eine allergische Überempfindlichkeitsreaktion der Lungenalveolen vom Typ III und IV auf die Inhalation von Gefahrstoffen.
Die akute Symptomatik ist Dyspnoe (Erschwerung der Atemtätigkeit, subjektive Atemnot), Husten, Fieber, Gelenkschmerzen. Bei chronischem Verlauf besteht die Gefahr der Lungenfibrose (bindegewebig-narbiger Umbau des Lungengerüsts).

Messverfahren:

Anhaltspunkte für eine durch Stoffe oder Gemische ausgelöste Überempfindlichkeit am Atemtrakt ergeben sich in der Regel aus den Erfahrungen beim Menschen. Klinisch zeigt sich eine allergische Reaktion (Asthma, Rhinitis, Alveolitis), der Nachweis eines immunologischen Mechanismus ist jedoch nicht erforderlich. Wichtig sind die Krankengeschichte und Befunde aus geeigneten Lungenfunktionsprüfungen im Zusammenhang mit der Exposition gegenüber diesem Stoff, gestützt durch andere Hinweise wie:

  • Ähnlichkeit mit der chemischen Struktur von Stoffen, die bekanntermaßen Atemwegsüberempfindlichkeit hervorrufen;
  • immunologische Untersuchungen in-vivo (z. B. Prick-Test);
  • immunologische Untersuchungen in-vitro (z. B. serologische Untersuchung);
  • Untersuchungen, die spezifische, aber nicht immunologisch vermittelte Wirkmechanismen anzeigen, (z. B. chronisch bedingte Entzündungen bei niedriger Belastung), pharmakologisch-vermittelte Wirkungen; oder
  • positive bronchiale Provokationstests, durchgeführt mit dem Stoff entsprechend anerkannter Richtlinien zur Bestimmung spezifischer Überempfindlichkeitsreaktionen.

Tierversuche

Folgende Befunde können als Hinweis darauf gewertet werden, dass ein Stoff oder ein Gemisch beim Menschen durch Einatmen Sensibilisierungen hervorrufen kann:

  • IgE-Messungen (z. B. an Mäusen), oder
  • spezifische Lungenreaktionen bei Meerschweinchen.

Es gibt kein etabliertes und validiertes Tiermodell.

Angabe im Sicherheitsdatenblatt:

Ist der Stoff oder das Gemisch atemwegssensibilisierend, dann sollte dies angegeben werden.

Ruft der Stoff oder das Gemisch auch eine immunologische Kontakturtikaria hervor, dann ist darauf hinzuweisen.

Für Gemische, die nicht in die Gefahrenklasse "Sensibilisierung der Atemwege" eingestuft sind, aber einen oder mehrere atemwegssensibilisierende Inhaltsstoffe enthalten, gilt:
Erstellung eines Sicherheitsdatenblattes und Kennzeichnung mit dem EUH-Satz 208, wenn ein atemwegssensibilisierender Inhaltsstoff der Unterkategorie 1A ab einem allgemeinen Konzentrationsgrenzwert von 0,01% und/oder ein atemwegssensibilisierender Inhaltsstoff der Unterkategorie 1B ab einem allgemeinen Konzentrationsgrenzwert von 0,1% enthalten ist. Bei atemwegssensibilisierenden Inhaltsstoffen mit einem spezifischen Konzentrationsgrenzwert unter 0,1% wird das Gemisch ab einem Zehntel dieses spezifischen Konzentrationsgrenzwertes mit dem EUH 208 eingestuft.

Einstufung und Kennzeichnung:

Gemäß CLP-Verordnung können Stoffe und Gemische aufgrund der Sensibilisierung der Atemwege in die Gefahrenklasse „Sensibilisierung der Atemwege“ der Kategorie 1 eingestuft werden. Mit der 2.ATP (Verordnung (EU) Nr.286/2011) wurde eine Unterscheidung in die Unterkategorien 1A und 1B vorgenommen. Bei Stoffen/Gemischen der Unterkategorie 1A kommen Atemwegssensibiliierungen sehr häufig beim Menschen vor und/oder das Auftreten einer hohen Sensibilisierungsrate ist beim Menschen wahrscheinlich. Bei Stoffen/Gemischen der Unterkategorie 1B treten Sensibiliierungen selten bis mäßig beim Menschen auf und/oder das Auftreten einer geringen Sensibilisierungsrate ist beim Menschen wahrscheinlich.

Gekennzeichnet werden Stoffe und Gemische der Kategorie 1 mit dem Gefahrenpiktogramm „Gesundheitsgefahr“ (GHS08) und dem Signalwort „Gefahr“, dem H-Satz 334 und den entsprechenden P-Sätzen. Hierbei wird nicht zwischen den Unterkategorien 1A und 1B unterschieden.

Gemische werden in der Regel nach der konventionellen Methode eingestuft und gekennzeichnet.

Gemäß Stoff- und Zubereitungsrichtlinie (seit 1.6.2015 außer Kraft gesetzt!):

Stoffe und Zubereitungen werden als sensibilisierend eingestuft und mit dem Gefahrensymbol »Xn«, der Gefahrenbezeichnung »gesundheitsschädlich« und dem R-Satz R 42 gemäß den folgenden Kriterien gekennzeichnet:

  • aufgrund des Nachweises, dass der Stoff oder die Zubereitung spezifische Überempfindlichkeit am Atemtrakt hervorrufen kann;
  • aufgrund von positiven Ergebnissen aus geeigneten Tierversuchen; oder
  • wenn der Stoff ein Isocyanat ist, es sei denn, es liegt ein Nachweis darüber vor, dass das betreffende Isocyanat keine Überempfindlichkeit am Atemtrakt bewirkt.

Tipps:

In der TRGS 907 sind sensibilisierende Stoffe aufgeführt, die häufig und/oder besonders schnell sensibilisieren und für Berufserkrankungen Bedeutung haben.
Im Anhang VI der CLP-Verordnung sowie im Einstufungs- und Kennzeichnungsverzeichnis sind weitere sensibilisierende Stoffe aufgeführt.

Beispiele:

Asthma bronchiale:
z.B. Isocyanate, Metallstäube („Bäckerasthma“)