Alkalische und saure Reserve

Definition:

Die saure bzw. alkalische Reserve bezeichnet die saure bzw. alkalische Pufferkapazität von Stoffen und Gemischen. Je höher die Pufferkapazität ist, desto stärker wirkt sie reizend bzw. ätzend.

Messverfahren:

Die saure bzw. alkalische Reserve wird durch Titration der zu prüfenden wässrigen Lösung mit Schwefelsäure bzw. Natronlauge (alkalisch) bestimmt.

Geeignete Prüfmethoden:

Eine geeignete Methode zur Bestimmung der sauren bzw. alkalischen Reserve ist die Methode von Young et al. [J.R.Young, M.J.How, A.P.Walker, W.M.H.Worth; Classification as Corrosive or Irritant to Skin of Preparations Containing Acidic or Alkaline Substances without Testing on Animals; Toxic. in Vitro, Bd.2, Nr.1, 1988, S.19-26].

Die Ergebnisse, die durch diese Titrationsmethode für Gemische erhalten werden, stimmen gut mit Daten zur Hautreizung/-ätzung überein, die für dieselben Gemische im Tierversuch experimentell bestimmt wurden.

Einstufung und Kennzeichnung:

Gemäß CLP-Verordnung können Stoffe und Gemische aufgrund des extremen pH-Wertes in hautätzend der Kategorie 1 eingestuft werden. Sie werden mit dem Gefahrenpiktogramm „Ätzwirkung“ (GHS05) und dem Signalwort „Gefahr“, dem H-Satz H 314 und den entsprechenden P-Sätzen gekennzeichnet. 

Wird der Stoff oder das Gemisch unter Berücksichtigung der sauren/alkalischen Reserve trotz des extremen pH-Werts für nicht hautätzend gehalten, so ist dies durch weitere Prüfungen zu bestätigen, vorzugsweise durch eine geeignete validierte In-vitro-Prüfung. (Anhang I Teil 3 Kapitel 3.2.3.1.2 CLP-Verordnung)

Bei Gemischen, die starke Säuren oder Basen enthalten, ist der pH-Wert als Einstufungskriterium zu verwenden als die konventionelle Methode. (Anhang I Teil 3 Kapitel 3.2.3.3.4.2 CLP-Verordnung)

Gemäß Stoff- und Zubereitungsrichtlinie (seit 1.6.2015 außer Kraft gesetzt!):
Stoffe und Zubereitungen werden aufgrund des extremen pH-Wertes als ätzend eingestuft und mit dem Gefahrensymbol "C", der Gefahrenbezeichnung "ätzend" und dem R-Satz R 35 gekennzeichnet, wenn stark saure Reaktionen mit einem pH kleiner oder gleich 2 oder stark alkalische Reaktionen mit einem pH größer oder gleich 11,5 vorliegen. Erfolgt die Einstufung jedoch aufgrund extremer pH-Werte, ist auch eine saure/alkalische Reserve zu berücksichtigen.

Wird der Stoff oder die Zubereitung aufgrund der sauren/alkalischen Reserve für nicht ätzend gehalten, so ist diese Feststellung durch weitere Prüfungen zu bestätigen, wenn möglich durch eine validierte In-vitro-Prüfung. Stoffe und Zubereitungen sollten nicht ausschließlich aufgrund der sauren/alkalischen Reserve von der Einstufung als ätzend befreit werden. 

Für Zubereitung mit extremen pH-Wert, die nur einen sauren oder basischen Stoff ohne stoffspezifischen Konzentrationsgrenzen und keine oberflächenaktiven Stoffe enthalten, wird es für ausreichend gehalten, die Einstufung über die Bestimmung der sauren bzw. alkalischen Reserve (kein in-vitro-Test) oder die Anwendung der konventionellen Methode hvorzunehmen. (TRGS 200 Kapitel 5.2.5 Abs.8 (aufgehoben))

Enthalten Zubereitungen Stoffe über der Berücksichtigungsgrenze, die nicht aufgrund saurer bzw. alkalischer Eigenschaft als ätzend oder reizend eingestuft sind (z. B. Brom oder Phenol), so kann weder der pH-Wert noch die saure bzw. alkalische Reserve zur Einstufung herangezogen werden. (TRGS 200 Kapitel 5.2.5 Abs.9)

Angabe im Sicherheitsdatenblatt:

Wird aufgrund der alkalischen bzw. sauren Reserve eingestuft, kann in Unterabschnitt 15.1 darauf hingewiesen werden.

Literatur:

Im Anhang 4 der TRGS 201 wird die Methode von Young et al. näher erläutert.