Mutagenität

Definition:

Mutagenität bezeichnet die Induktion permanenter vererbbarer Veränderungen in Menge oder Struktur des genetischen Materials von Zellen oder Organismen. Diese Veränderungen, sogenannte 'Mutationen', können ein einzelnes Gen oder Gensegmente, einen Genblock oder ganze Chromosomen betreffen. Die Wirkungen auf ganze Chromosomen können struktureller und/oder numerischer Art sein.
Eine Mutation in den Keimzellen der Fortpflanzungsorgane kann auf die Nachkommen übergehen.
Genmutationen sind Abweichungen von der normalen Chromosomenanzahl.

Keimzellmutagenität bezieht sich auf Mutationen in den Keimzellen von Menschen, die an die Nachkommen weitergegeben werden können.

Definition "Keimzellmutagen" gemäß Anhang I Teil 3 der CLP-Verordnung:
Mutation ist eine dauerhafte Veränderung von Menge oder Struktur des genetischen Materials einer Zelle. Der Begriff Mutation gilt sowohl für vererbbare genetische Veränderungen, die sich im Phänotyp ausdrücken können, als auch für die zugrunde liegenden DNA-Veränderungen, sofern sie bekannt sind (einschließlich spezifischer Basenpaar-Veränderungen und chromosomaler Translokationen). Die Begriffe mutagen/keimzellmutagen und Mutagen werden bei Stoffen verwendet, die zu einer gesteigerten Mutationshäufigkeit in Populationen von Zellen und/oder Organismen führen.

„Keimzellmutagen“ sind gemäß Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)
1. Stoffe, die in Anhang VI der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 in der jeweils geltenden Fassung als keimzellmutagen eingestuft sind,
2. Stoffe, welche die Kriterien für die Einstufung als keimzellmutagen nach Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 in der jeweils geltenden Fassung erfüllen,
3. Gemische, die einen oder mehrere der in § 2 Absatz 3 Nummer 1 oder 2 genannten Stoffe enthalten, wenn die Konzentration dieses Stoffs oder dieser Stoffe die stoffspezifischen oder die allgemeinen Konzentrationsgrenzen nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 in der jeweils geltenden Fassung erreicht oder übersteigt, die für die Einstufung eines Gemischs als keimzellmutagen festgelegt sind,
4. Stoffe, Gemische oder Verfahren, die in den nach § 20 Absatz 4 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnissen als keimzellmutagen bezeichnet werden.

Geeignete Prüfmethoden:

Die Prüfmethoden zur Bestimmung der Mutagenität sind im Kapitel Mutagenitätsstudien beschrieben.

Einstufung und Kennzeichnung:

Gemäß CLP-Verordnung werden keimzellmutagene Stoffe in drei Kategorien unterteilt:

Kategorie 1A: Stoffe, die bekanntermaßen vererbbare Mutationen in Keimzellen von Menschen verursachen. Die Einstufung beruht auf positiven Befunden aus epidemiologischen Studien an Menschen.

Kategorie 1B: Stoffe, die bekanntermaßen vererbbare Mutationen in Keimzellen von Menschen verursachen. Diese Annahme beruht im Allgemeinen auf Folgendem: geeignete Langzeit-Tierversuche, sonstige relevante Informationen.

Kategorie 2: Stoffe, die möglicherweise vererbbare Mutationen in Keimzellen von Menschen auslösen können. Aus geeigneten Tierversuchen liegen einige Anhaltspunkte vor, die jedoch nicht ausreichen, um einen Stoff in Kategorie 1 einzustufen.

Gemäß CLP-Verordnung können Stoffe aufgrund der Keimzellmutagenität in die Gefahrenklasse „Keimzellmutagenität“ mit den Kategorien 1A, 1B und 2 eingestuft werden. Gekennzeichnet werden Stoffe und Gemische der Kategorie 1A und 1B mit dem Gefahrenpiktogramm „Gesundheitsgefahr“ (GHS08) und dem Signalwort „Gefahr“, dem H-Satz H 340 und den entsprechenden P-Sätzen. Stoffe und Gemische der Kategorie 2 werden mit dem Gefahrenpiktogramm „Gesundheitsgefahr“ (GHS08) und dem Signalwort „Achtung“, dem H 341 und den entsprechenden P-Sätzen gekennzeichnet.

Gemische werden nach der konventionellen Methode eingestuft und gekennzeichnet.

Gemäß Stoff- und Zubereitungsrichtlinie (seit 1.6.2015 außer Kraft gesetzt!):
Gemäß Stoffrichtlinie werden erbgutverändernde Stoffe in die oben aufgeführten drei Kategorien unterteilt, allerdings werden diese Kategorien anders bezeichnet:

  • Die  Kategorie 1A CLP-Verordnung entspricht der bisherige Kategorien M1 ,
  • die Kategorie 1B CLP-Verordnung entspricht der bisherige Kategorie M2 ,
  • die Kategorie 2 CLP-Verordnung entspricht der bisherigen Kategorie M3 .

Als erbgutverändernd der Kategorie 1 und 2 eingestuften Stoffen wird das Gefahrensymbol „T“ und der R-Satz R 46 zugeordnet. Stoffen, die als erbgutverändernd der Kategorie 3 eingestuft sind, wird das Gefahrensymbol „Xn“ und der R 68 zugeordnet.

Stoffe, die nur bei einem oder mehreren In-vitro-Mutagenitätsversuchen (z.B. Ames-Test) positive Ergebnisse liefern, sollten in der Regel nicht eingestuft werden. Allerdings sind weitere Untersuchungen durch In-vivo-Untersuchungen unbedingt geboten. In Ausnahmefällen, z. B. bei einer Verbindung, die in mehreren In-vitro-Untersuchungen deutliche Effekte liefert, für die keine relevanten In-vivo-Daten zur Verfügung stehen, und die Ähnlichkeiten mit bekannten mutagenen bzw. karzinogenen Stoffen aufweist, kann eine Einstufung in Kategorie 3 in Erwägung gezogen werden.

Zubereitungen mit erbgutverändernderr Wirkung werden gemäß der Zubereitungsrichtlinie RL 1999/45/EG, Anhang II, Teil B nach der konventionellen Methode eingestuft und gekennzeichnet.

Tipps:

In der Gefahrstoffverordnung (§10 GefStoffV 2010) sind die besonderen Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit erbgutverändernden Gefahrstoffen beschrieben.
In der CMR-Gesamtliste sind die erbgutverändernden Stoffe aufgeführt.