Hautsensibilisierung

Definition:

Hautsensibilisierung ist eine immunologisch vermittelte Hautreaktion auf eine Substanz. Man bezeichnet diese Reaktion auch als allergische Kontaktdermatitis.
Beim Menschen kann die Reaktion gekennzeichnet sein durch Pruritus, Erytheme, Ödeme, Papula, Vesiculae, Bullae oder eine Kombination dieser Erscheinungen. Bei anderen Spezies können die Reaktionen anderer Art sein und nur aus Erythemen und Ödemen bestehen.

Sensibilisierend wirken Stoffe und Gemische, die bei Hautresorption eine Überempfindlichkeitsreaktion hervorrufen können, so dass bei künftiger Exposition gegenüber dem Stoff oder dem Gemisch charakteristische Störungen auftreten. Sie werden Hautallergene genannt.

Messverfahren:

Alternativer in-vivo-Test:
Der lokale Lymphknoten Test (local lymph node assay = LLNA) an Mäuseohren ist eine anerkannte Methode zur Bewertung des Hautsensibilisierungspotenzials. Die kontaktsensibilisierenden Eigenschaften werden weiterhin an Tieren bewertet, allerdings kann deren Anzahl meist reduziert werden. Es kommt hinzu, dass der LLNA eine substanzielle Verfeinerung der Prüfung auf Hautsensibilisierung darstellt.
Die Prüfsubstanz wird an drei Tagen auf die Rückseite der Mäuseohren appliziert. Nach einer bestimmten Expositionszeit werden den Versuchstieren radioaktive Marker injiziert, danach werden sie getötet und die Lymphknoten werden entfernt und die aufgenommene Strahlung analysiert. Aufgrund der gemessenen Strahlung, der Hautreaktionen und der Toxizitäten wird das Hautsensibilisierungspotenzial abgeleitet.

Tierversuche:
Es wurden zwei Arten von Tests mit Meerschweinchen entwickelt: die Adjuvans-Tests und die Tests ohne Adjuvans.

  • Adjuvans-Test: (Bsp.: GPMT-Test)
    Die Adjuvans-Tests haben bei der Bestimmung einer wahrscheinlichen Hautsensibilisierungswirkung einer Substanz beim Menschen voraussichtlich eine größere Vorhersagewahrscheinlichkeit als Methoden ohne das komplette Freundsche Adjuvans. Sie sind daher die bevorzugten Tests. Ein Adjuvans ist eine Substanz, die in der Prüfsubstanz aufgelöst oder suspensiert und dann appliziert wird. Sie verstärkt die Antwort des Immunsystems unspezifisch, d.h. potenziert einen allergischen Zustand. Bei dem Maximierungstest am Meerschweinchen (GPMT) handelt es sich um ein weitverbreitetes Adjuvans-Verfahren. Obwohl es noch andere Verfahren gibt, mit deren Hilfe sich feststellen lässt, ob eine Substanz eine Sensibilisierungsreaktion der Haut hervorzurufen vermag, gilt der GPMT als der bevorzugte Adjuvans-Test. Das Adjuvans wird mit der Prüfsubstanz zunächst intradermal injiziert und die Reaktionen beobachtet. Ein positives Testergebnis ist eine Reaktion von mindestens 30% der Versuchstiere
     
  • Test ohne Adjuvans: (Bsp.: Bühler-Test)
    Bei zahlreichen chemischen Substanzklassen gelten die Tests ohne Adjuvans (von denen der Bühler-Test der Bevorzugte ist) als weniger empfindlich. In bestimmten Fällen kann es gute Gründe für die Wahl des Bühler-Tests geben, bei dem im Gegensatz zum GPMT die äußerliche Applikation Anwendung findet. Die Anwendung des Bühler-Tests sollte wissenschaftlich begründet werden. Die Prüfsubstanz wird äußerlich auf die Haut appliziert und der Expositionszeitraum beträgt 24 Stunden. Ein positives Testergebnis ist eine Reaktion von mindestens 15% der Versuchstiere.

Geeignete Prüfmethoden:

Die in-vivo-Messverfahren (GPMT und Bühler-Test) zur Bestimmung der Hautsensibilisierung sind in der Prüfmethoden-Verordnung (EG) Nr.440/2008, Teil B, Methode B.6 beschrieben. Der in-vitro-Test zur Prüfung auf hautsensibilisierende Wirkung ist in der Prüfmethoden-Verordnung (EG) Nr.440/2008, Teil B, Methode B.42, geändert durch die 3.ATP (Verordnung (EU) Nr.640/2012).

Angabe im Sicherheitsdatenblatt:

Hinweise auf Hautsensibilisierung werden im Kapitel „Toxikologische Prüfungen“ unter Angabe der Prüfmethode und der Tierspezies angegeben.

Für Gemische, die nicht in die Gefahrenklasse "Sensibilisierung der Haut" eingestuft sind, aber einen oder mehrere hautsensibilisierende Inhaltsstoffe enthalten, gilt:
Erstellung eines Sicherheitsdatenblattes und Kennzeichnung mit dem EUH-Satz 208, wenn ein hautsensibilisierender Inhaltsstoff der Unterkategorie 1A ab einem allgemeinen Konzentrationsgrenzwert von 0,01% und/oder ein hautsensibilisierender Inhaltsstoff der Unterkategorie 1B ab einem allgemeinen Konzentrationsgrenzwert von 0,1% enthalten ist. Bei hautsensibilisierenden Inhaltsstoffen mit einem spezifischen Konzentrationsgrenzwert unter 0,1% wird das Gemisch ab einem Zehntel dieses spezifischen Konzentrationsgrenzwertes mit dem EUH 208 eingestuft.

Einstufung und Kennzeichnung:

Gemäß CLP-Verordnung können Stoffe und Gemische aufgrund der Sensibilisierung der Haut in die Gefahrenklasse „Sensibilisierung der Haut“ der Kategorie 1 eingestuft werden. Mit der 2.ATP (Verordnung (EU) Nr.286/2011) wurde eine Unterscheidung in die Unterkategorien 1A und 1B vorgenommen. Bei Stoffen/Gemischen der Unterkategorie 1A kommen Sensibiliierungen sehr häufig beim Menschen vor und/oder werden beim Menschen eine erhebliche Sensibilisierung ausgelöst. Bei Stoffen/Gemischen der Unterkategorie 1B treten Sensibiliierungen selten bis mäßig beim Menschen auf und/oder werden beim Menschen eine geringe bis mäßige  Sensibilisierung ausgelöst. Die Kriterien für die Unterscheidung der Unterkategorien 1A und 1B sind für die Tierversuche GPMT-Test, Bühler-Test und LLNA-Test angegeben.

Gekennzeichnet werden Stoffe und Gemische der Kategorie 1 mit dem Gefahrenpiktogramm „Ausrufezeichen“ (GHS07) und dem Signalwort „Achtung“ dem H-Satz 317 und den entsprechenden P-Sätzen. Hierbei wird nicht zwischen den Unterkategorien 1A und 1B unterschieden.

Gemäß Stoff- und Zubereitungsrichtlinie (seit 1.6.2015 außer Kraft gesetzt!):
Stoffe und Zubereitungen werden nach der Stoffrichtlinie RL 67/548/EWG, Anhang VI, Kapitel 3.2.7.2 als sensibilisierend eingestuft und mit dem Gefahrensymbol »Xi«, der Gefahrenbezeichnung »reizend« und dem R-Satz R 43 gemäß den folgenden Kriterien gekennzeichnet:

  • wenn praktische Erfahrungen zeigen, dass der Stoff oder die Zubereitung bei einer erheblichen Anzahl von Personen eine Sensibilisierung durch Hautkontakt hervorrufen können, oder
  • wenn positive Ergebnisse aus einem geeigneten Tierversuch vorliegen.