Häufig gestellte Fragen zum Gefahrtarif

Zum 1. Januar 2024 trat bei der BG BAU der 4. Gefahrtarif in Kraft. Dadurch wurden einige Unternehmen höheren Gefahrenklassen zugeordnet, was in vielen Fällen mit erwartbaren Beitragssteigerungen verbunden war. Das hat zu einer verstärkten Berichterstattung geführt.

Im folgenden FAQ finden Sie Hintergrundinformationen und Antworten auf die häufigsten Fragen, die in diesem Zusammenhang von Medienvertretenden an die BG BAU herangetragen werden.

Der Gefahrtarif ist Grundlage der Beitragsberechnung. Die der BG BAU zugehörigen Unternehmen tragen die Kosten für Rehabilitation, Entschädigung und Prävention grundsätzlich solidarisch, doch die Unfallgefahr ist nicht in allen Bereichen gleich hoch. Bei dem Gefahrtarif werden daher Unternehmensarten und Gewerbezweige zu Tarifstellen zusammengefasst, die technologisch gleicher oder ähnlicher Art sind oder in ihren Bestandteilen gleiche oder annährend ähnliche Gefährdungsrisiken aufweisen. Zusätzlich fließen weitere Faktoren in die Betrachtung ein, darunter die anzutreffenden Arbeitsbedingungen, die hergestellten Erzeugnisse, die eingesetzten Maschinen, berufsrechtliche Regelungen sowie bestehende verbandsorganisatorische Strukturen.

Der Gefahrtarif wird regelmäßig neu gefasst, weil der Gesetzgeber vorschreibt, dass er höchstens sechs Kalenderjahre gelten darf. Hintergrund ist, dass sich die technischen, wirtschaftlichen und betrieblichen Bedingungen laufend verändern und die Prävention die Unfallgefahr nachhaltig positiv beeinflusst. Bei der Erstellung eines neuen Gefahrtarifs wird geprüft, ob die Tarifstellen und die zugrundeliegenden Gewerbezweige weiterhin dem aktuellen Stand der Technik und Belastung entsprechen. Außerdem werden die Gefahrklassen neu unter Berücksichtigung der Arbeitsentgelte und Entschädigungsleistungen ermittelt.

Die BG BAU wertet daher vor Ablauf jeder Tarifperiode das aktuelle Unfallgeschehen, die Belastungen in den Tarifstellen sowie die Entwicklungen in den Gewerbezweigen aus, prüft und passt die Zuordnungen und Gefahrklassen entsprechend an. Damit soll sichergestellt werden, dass der Gefahrtarif stets den realen Gefährdungsrisiken in den Branchen entspricht.

Der Gefahrtarif wird mit den Sozialpartnern der Bauwirtschaft abgestimmt und von der Vertreterversammlung der BG BAU, also den gewählten Vertreterinnen und Vertretern der Arbeitgeber und Versicherten, beschlossen. Die Vertreterversammlung trifft ihre Entscheidungen auf Grundlage belastbarer Daten, fundierter fachlicher Bewertungen der BG BAU, ihrer eigenen Fachexpertise sowie der gesetzlichen Vorgaben des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII).

Im Anschluss muss der Gefahrtarif von der Aufsichtsbehörde, dem Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS), genehmigt werden. Das BAS prüft sowohl das Verfahren als auch die materielle Rechtmäßigkeit des Gefahrtarifs. Trotz frühzeitiger und ausführlich begründeter Intervention einzelner Verbände des Fertigbaus sah das BAS keine Hinderungsgründe für eine Genehmigung des 4. Gefahrtarifs der BG BAU.

Mit dem 4. Gefahrtarif wurden insbesondere die Zuordnungen einzelner Gewerbezweige angepasst. Unternehmen, die statische Fertigteile für Bauwerke und bauliche Anlagen herstellen und montieren, werden nun der Tarifstelle ihres Gewerbezweigs zugeordnet. Ausschlaggebend sind dafür beispielsweise die Art der erzeugten Güter, vergleichbare Unfallrisiken und Präventionserfordernisse.

  • Holzfertigteilhersteller: Zuordnung zur Tarifstelle 110 „Zimmererarbeiten“
  • Fertigteilhersteller aus Beton, Mauerwerk oder Metall: Zuordnung zur Tarifstelle 100 „Bauwerksbau“

Damit wurde eine frühere Sonderstellung bestimmter Fertigteilhersteller aufgehoben, die zuvor aufgrund eines hohen Automatisierungsgrads anders veranlagt waren. Die Bezeichnung der Tarifstelle 200 wurde angepasst: Sie heißt nun „Bauausbau“ und grenzt sich damit eindeutig vom Fertighausbau ab.

Durch diese Verschiebung fließen die Arbeitsentgelte und Entschädigungsleistungen der Fertigteilhersteller nun in die Tarifstellen 100 oder 110 ein.

Eine vergleichbare Situation hatte es bei der BG BAU bereits mit dem 3. Gefahrtarif gegeben. Damals wurde der Gewerbezweig „Zimmererarbeiten“ aus der Tarifstelle Bauwerksbau herausgenommen und einer neu gebildeten Tarifstelle zugeordnet. Hintergrund hierfür war, dass die Unfallbelastung der Zimmerer und Holzbauunternehmen über einen längeren Zeitraum hinweg in der Tarifstelle 100 zu hoch war. Dadurch konnte das Solidarprinzip gegenüber den anderen Gewerbezweigen der Tarifstelle Bauwerksbau nicht mehr gewahrt werden.

Die Fertigbau- und Fertigteil-Unternehmen wurden neu eingruppiert, weil Art und Gegenstand ihrer Tätigkeit nach Einschätzung der BG BAU den klassischen Gewerbezweigen Bauwerksbau und Zimmererarbeiten entsprechen.

Unternehmen, die Fertighausbau betreiben und statische Fertigteile herstellen und montieren, errichten wie Hochbau- und Zimmereibetriebe Bauwerke und Bauwerksteile und nutzen dabei vergleichbare Produktionsverfahren, Werkstoffe, Arbeitsabläufe und Montagetätigkeiten.

Bei der Bewertung der Gefährdungsrisiken wird dabei das gesamte betriebliche Tätigkeitsfeld betrachtet und nicht nur einzelne Tätigkeiten. Entscheidend ist also die Gesamtheit der Tätigkeiten, die ein Unternehmen prägen und die maßgeblich zum Gefährdungs- und Unfallgeschehen beitragen.

Auswertungen der BG BAU zeigten, dass sich trotz der genutzten Automatisierung bei der Herstellung das Unfallgeschehen in Fertigungshallen und auf Baustellen nicht grundlegend unterscheidet. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung weiterer Faktoren beschloss die Vertreterversammlung der BG BAU unter konsequenter Anwendung des Gewerbezweigprinzips die Neu-Zuordnung der Fertigbau/Fertigteilhersteller einstimmig.

Das Gewerbezweigprinzip sieht vor, dass Unternehmen, die in ihrer Art, Zweckbestimmung und Gefährdung vergleichbar sind, auch tariflich zusammengefasst werden. Eine Zersplitterung nach Tätigkeiten in unterschiedliche Zuordnungen würde dem Gewerbezweigprinzip und dem gesetzlichen Auftrag zur solidarischen Lastenverteilung widersprechen. Mit dem 4. Gefahrtarif wird sichergestellt, dass alle Unternehmen mit vergleichbaren Risiken und Tätigkeitsprofilen einheitlich eingeordnet werden. Das entspricht auch der bisherigen Praxis: Bereits im 1., 2. und 3. Gefahrtarif der BG BAU haben unter dem Oberbegriff „Zimmererarbeiten“ Unternehmen aus dem Bereich Abbund, Blockhausbau, Holzhausbau, Ingenieurholzbau, Zeltbau und Treppenbau einen Gewerbezweig gebildet.

Die neue Eingruppierung führt dazu, dass Fertighausbau- und Fertigteilhersteller nun in den Tarifstellen 100 (Bauwerksbau) bzw. 110 (Zimmererarbeiten) veranlagt werden. Durch die neue Zuordnung zu Tarifstellen mit höheren Gefahrklassen verändert sich der daraus abgeleitete Beitragssatz. Das wirkt sich auf die Höhe der zu zahlenden Beiträge aus.

Beispielsweise steigen die Beitragssätze (ausgehend von 2023 auf 2024)

  • für Betonfertigteilhersteller von 3,2767 Prozent auf 5,2052 Prozent,
  • für Holzfertigteilhersteller von 3,2767 Prozent auf 6,3712 Prozent des Arbeitsentgelts.

Die Beitragssätze werden darüber hinaus von weiteren Faktoren wie die Entwicklung der Arbeitsentgelte der gesamten Baubranche, den Aufwendungen für Versicherungsfälle und von der Verteilung der Lasten aller Berufsgenossenschaften beeinflusst. Für die große Mehrheit der Unternehmen der BG BAU ändert sich nichts.

Gefahrtarife dienen nicht der Kostensteuerung, sondern sollen die tatsächlichen Gefährdungen möglichst genau abbilden. Die gesetzliche Unfallversicherung ist ein Solidarsystem, in dem es bewusst zu Veränderungen einzelner Tarifstellen kommen kann, wenn dies notwendig ist, um das jeweilige Risiko korrekt darzustellen. Eine Anpassung der Eingruppierung – auch wenn sie zu höheren Beitragssätzen führt – ist daher ein konsequenter Bestandteil dieses Systems.

Die Unternehmen hatten die Möglichkeit, innerhalb eines Monats nach Erhalt des Veranlagungsbescheids Widerspruch einzulegen. Wurde dem Widerspruch nicht abgeholfen, bestand die Möglichkeit, Klage vor den Sozialgerichten zu erheben.

Von diesen Handlungsoptionen haben einige Unternehmen Gebrauch gemacht. Inzwischen sind daher verschiedene Gerichtsverfahren anhängig. Die Verfahren laufen aktuell noch, und endgültige Entscheidungen stehen aus.

Die BG BAU bewertet die eingereichten Klagen als nachvollziehbare Reaktion einzelner Unternehmen auf gestiegene Beiträge. Zugleich ist sie von der Rechtmäßigkeit des 4. Gefahrtarifs überzeugt. Erste Urteile liegen bereits vor, befinden sich jedoch noch in der Berufung. So hat zum Beispiel das Sozialgericht Konstanz die Zusammenfassung der Holzhaus-/Holzfertigteilherstellung sowie der Zimmerer in einer Gefahrklasse im 4. Gefahrtarif als rechtmäßig erachtet (SG Konstanz, Urteil vom 5. August 2025 – S 1 U 2020/24). Neben dieser Entscheidung gibt es weitere Urteile, von denen einige das Vorgehen der BG BAU bestätigen während andere dem Klageantrag der Unternehmen folgen. Die BG BAU wartet die endgültigen gerichtlichen Entscheidungen ab und wird die Vorgaben der Gerichte berücksichtigen, sobald diese rechtskräftig vorliegen.

Die angerufenen Sozialgerichte entscheiden erstinstanzlich, ob die erlassenen Veranlagungsbescheide bzw. der Zuordnung der Unternehmen zu den jeweiligen Tarifstellen rechtswidrig sind. Je nach Ausgang dieser Verfahren kann die unterliegende Partei Berufung beim zuständigen Landessozialgericht einlegen. Die BG BAU prüft die erstinstanzlichen Entscheidungen, die zu ihrem Nachteil ergangen sind, hinsichtlich weiterer Erfolgsaussichten und betreibt das Verfahren ggf. weiter. Sobald die laufenden Verfahren rechtskräftig abgeschlossen sind, wird die BG BAU die getroffenen Entscheidungen umsetzen. 

Aktuell liegen erste Urteile vor, Rechtsmittel wurden eingelegt oder werden noch geprüft, so dass noch keine endgültige Entscheidung vorliegt. Eine abschließende Bewertung ist daher erst möglich, wenn die höheren Instanzen über die anhängigen Verfahren rechtskräftig entschieden haben.