1x1 im Arbeitsschutz: Elektrosicherheit auf Baustellen

Video/Unterweisungshilfe
Stand: 06/2024
Herausgeber: BG BAU

Informationen

Das kleine 1x1 des Arbeitsschutzes
  • kurze Lernmodule (Laufzeiten ca. 5 -12 Min.)
  • grundlegende Kenntnisse zu Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit
  • ergänzt und bereichert die gesetzlich vorgeschriebene persönliche Unterweisung

https://lernportal.bgbau.de

Volltextalternative zum Video

Auf der Folie ist der Titel „Elektrosicherheit auf Baustellen“ und der Untertitel „Das kleine 1x1 im Arbeitsschutz“ zu sehen. Die Sprecherin sagt: Im Unterschied zu vielen anderen Gefährdungen können Personen ohne elektrotechnische Ausbildung, die Gefahr, die durch Elektroenergie entstehen kann, meist nicht erkennen. Aber gerade im Umgang mit Strom kann der kleinste Fehler zum Tod führen. Die Anwendung der elektrischen Energie ist sicher – solange wir uns an die Regeln halten. Aus diesem Grund möchten wir Ihnen in dem folgenden Beitrag die Grundlagen der Elektrosicherheit auf Baustellen näherbringen.

Warum ist die elektrische Energie so gefährlich? Zum einen ist die elektrische Energie aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken, also allgegenwärtig. Wir nutzen diese Energie wie selbstverständlich und können die Gefahr, die von ihr ausgeht, selbst nicht wahrnehmen. Denn man kann den Strom im Unterschied zu anderen Energieformen nicht sehen, hören oder riechen, und fühlen kann man ihn erst, wenn es zu spät ist. Wird die elektrische Energie ungewollt freigesetzt, entsteht aber in jedem Fall eine ernste Gefahr. Zum anderen funktioniert unser Körper nämlich selbst auch in Anführungszeichen „elektrisch“. Signale des Gehirns und der Sinnesorgane werden durch schwache elektrische Ströme mit Hilfe unserer Nerven weitergeleitet. Fließt nun ein starker Strom durch unseren Körper, wird das System gestört und der Körper wird geschädigt. Je nach Intensität und Dauer des Stromflusses kann es zu Herzkammerflimmern, Herzstillstand, schweren Verbrennungen und zu Organversagen kommen. Daher kann jeder Elektrounfall tödliche Folgen haben. 

Die Gefahren, die vom elektrischen Strom ausgehen sind vielfältig. Sich dieser Gefahren bewusst zu sein, ist deshalb der erste Schritt, um die Sicherheit auf Baustellen zu gewährleisten. Bei der Körperdurchströmung wird der Mensch, der gut leitend ist, da er zum großen Teil aus Wasser besteht, zum Teil des Stromkreises. Fasst also jemand eine offen liegende Leitung an oder kommt unabsichtlich mit einem leitenden Werkzeug daran, durchfließt der Strom den Körper. Dies führt dazu, dass der Körper die Muskelsteuerung nicht mehr kontrollieren kann, wodurch die Tätigkeit des Herzens und die Atmung außer Kraft gesetzt werden können. Das Ausmaß der Schädigung wird durch die Stromstärke, der Dauer der Durchströmung, dem Stromweg im Körper und der Frequenz des Stroms bestimmt. Auf dieser Folie sind folgende Angaben zu sehen:

Welche Gefahren gehen von Strom aus?
Körperdurchströmung

  • Wahrnehmbarkeitsschwelle ab 0,5 mA
  • Loslassgrenze Verkrampfungen ab 10 mA
  • Atemkrämpfe ab 20 mA
  • Herzkammerflimmern möglich ab 50 mA
  • Herzkammerflimmern zu erwarten ab 300 mA
  • Sofort tödliche Verletzungen ab 500 mA

Lichtbögen entstehen z.B. bei Kurzschlüssen, der Strom fließt dann über die Luft. Das kann also auch schon bei der Annäherung an eine Stromleitung geschehen. Bei einem Lichtbogen können Temperaturen von mehreren 1 000 Grad auftreten, was natürlich schwere Verbrennungen und Zellzerstörungen zur Folge hat. Deshalb gilt es vor allem bei Hochspannung, immer auf einen ausreichenden Abstand zu achten. Eine Gefahr, die von vielen sicherlich unterschätzt wird, sind unkontrollierte Bewegungen im Falle eines Elektrounfalls - beispielsweise wenn sich jemand auf Grund eines Stromschlages, eines Lichtbogens oder einer statischen Aufladung  erschreckt und in der Folge von der Leiter stürzt. Dies sind sogenannte Sekundärunfälle bzw. Folgeunfälle. Die Abbildung auf der Folie stellt dar, was bei einer Lichtbogenbildung zwischen einem Menschen und einer Stromleitung passiert: Dabei werden glühende Metallteilchen sowie Infrarot-Strahlung und UV-Strahlung freigesetzt.

Die Belastungen auf Baustellen sind besonders hoch – Geräte, Kabel und Leitungen werden hoch beansprucht. Es reicht ja auch schon eine kleine Beschädigung an einer spannungführenden Leitung und das dadurch offen liegende Kabel wird zu einer ernsten Gefahr. Daher ist eine regelmäßige Prüfung unerlässlich und vorgeschrieben. Die Prüffristen werden in der Gefährdungsbeurteilung auf der Basis der Richtwerte aus der Unfallverhütungsvorschrift A3 und den konkreten Einsatzbedingungen festgelegt. Also für jede Baustelle erneut. Fehlerstromschutzschalter auf Baustellen müssen zum Beispiel arbeitstäglich auf ihre Funktionsfähigkeit getestet werden. Hinweise zur Organisation der Prüfungen, sind in der DGUV Information 203-071 zusammengefasst. Auf der Folie ist eine Tabelle mit den folgenden Inhalten zu sehen:

Beispiele betriebsspezifischer Wiederholungsprüfungen

Betriebsbedingungen Beispiele/Baustelle  Frist
Betriebsmittel mit sehr hohen BeanspruchungenSchleifen von Metallen, Verwendung in Bereichen mit leitfähigen Stäuben wöchentlich, ggf. täglich
Betriebsmittel mit hohen Beanspruchungen Nassschleifen von nichtleitenden Materialien, Kernbohren, Stahlbau, Tunnel- und Stollenbau3 Monate
Betriebsmittel im normalen Betrieb Hochbau, Innenausbau, allgemeiner Tiefbau, Elektroinstallation, Holzausbau Sanitär- Klima- Heizungsbau6 Monate
Betriebsmittel sehr selten benutzt Hausmeister1 Jahr

Unter der Tabelle steht der folgende Text:

Baustromversorgungsanlagen werden jährlich durch Elektrofachkräfte geprüft. Die Prüfung der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen mit RCD erfolgt monatlich durch Elektrofachkräfte. Die Funktionskontrolle der RCD im Baustromverteiler und damit verbunden eine augenscheinliche Kontrolle auf offensichtliche Mängel erfolgt arbeitstäglich durch eingewiesene Laien.

Es ist für Laien oft nicht einfach, die elektrische Gefährdung zu erkennen. Im Arbeitsbereich können sich verschiedene Leitungen befinden. Die Abschaltung einer Leitung bedeutet aber nicht, dass alle Leitungen sicher sind. Bewegungen der Baufahrzeuge dürfen nicht zu einer Unterschreitung der Schutzabstände führen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, das eine elektrische Anlage unter Spannung steht, bis eine Elektrofachkraft eine Freigabe zum Arbeiten erteilt. Bei Anlagen im Bau kann auch eine „gesicherte Information“ ausreichen, dass keine gefährliche Energie vorhanden ist. Eine solche „gesicherte Information“ bedeutet Wissen - nicht Glauben. Die nächste Regel ist so einfach, wie wirksam – wo nämlich kein Strom fließen kann, entsteht auch keine Gefahr. Sorgen Sie also dafür, dass wo immer möglich, der Strom ausgeschaltet ist. Wo das nicht möglich ist, muss jeder Beschäftigte auf der Baustelle seine Arbeitsgrenze zur elektrischen Anlage kennen und den Schutzabstand einhalten. Arbeiten an elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln, dürfen nur von Elektrofachkräften oder unter deren Aufsicht und Leitung durchgeführt werden. Der normale Bauarbeiter oder die Bauarbeiterin gelten immer als elektrotechnische Laien. Sie führen solche Arbeiten nicht aus und halten einen ausreichenden Abstand. Zu den elektrotechnischen Arbeiten gehören auch simple Tätigkeiten, wie das Anschließen einer Lampe, das Reparieren einer Verlängerungsleitung oder die Montage von Solarmodulen auf dem Dach. Die Prüfung von elektrischen Betriebsmitteln gehört ausschließlich in das Aufgabengebiet einer Elektrofachkraft. 

Diese spannungsabhängigen Schutzabstände müssen bei der Planung, also auch bei der Gefährdungsbeurteilung einer Baustelle mitbedacht werden. Es kommt darauf an, den Schutzabstand mit Sicherheit einzuhalten. Es dürfen keine Zweifel daran bestehen. Auch durch leitfähige Arbeitsmittel wie Ketten, Seile, Stangen darf der Schutzabstand nicht unterschritten werden. Ein Beispiel: Wenn ein Gerüstbauer neben oder unter einer Freileitung mit 3 m langen leitfähigen Rohren hantieren muss, müssen diese 3m mitberücksichtigt werden. Es reicht nicht aus ihn anzuweisen, mit den Rohren nicht in den gefährlichen Bereich zu kommen. Wenn sich bei der Gefährdungsbeurteilung herausstellt, dass die Gerüstbauarbeiten nicht sicher auf Abstand durchgeführt werden können, dann muss für die Zeit der Gerüsterstellung der Strom ausgeschaltet werden. Auf dieser Folie sind folgende Angaben zu sehen:

Schutzabstände zu elektrischen Anlagen werden eingehalten:

  • 1 m bis 1 kV Spannung
  • 3 m bei 1kV bis 110 kV Spannung
  • 4 m bei 110 bis 220 kV Spannung
  • 5 m bei 220 bis 380 kV Spannung
  • 5 m bei unbekannter Spannungsgröße

Bereits eine Annäherung an eine Freileitung kann zu einem Überschlag führen und Strom fließt durch den menschlichen Körper. Wenn diese Leitungen nicht ausgeschaltet werden können, sind Schutzabstände einzuhalten. Wenn nicht ausgeschaltet werden kann und wenn Schutzabstände nicht eingehalten werden können, ist es im Ausnahmefall bei Niederspannungsleitungen möglich, die Leitungen isolierend abzudecken. Mit dieser provisorischen Isolation kann jedoch (z.B. bei Regen) kein vollständiger Berührungsschutz erreicht werden. 

Aber nicht nur oberirdisch können von Leitungen Gefahren ausgehen. Während Erd- und Tiefbauarbeiten kommt es immer wieder vor, dass dabei in der Erde verlegte elektrische Leitungen beschädigt werden. Vor Tiefbauarbeiten ist daher immer zu ermitteln, ob sich Kabel im Arbeitsbereich befinden. Diese müssen ausgeschaltet werden. Wenn keine ausreichend sicheren Informationen zu Kabeln im Arbeitsbereich zur Verfügung stehen, können Kabelsuchgeräte sichere Ergebnisse liefern.

Schon bei normaler Netzspannung von 230V kann beim direkten Berühren einer Fehlerstelle ein lebensgefährlicher Strom durch den Körper fließen. Nur die schnelle Abschaltung des Fehlers kann eine Verletzung, bzw. den Tod verhindern. Deshalb muss jede Steckdose auf jeder Baustelle von einem FI- Schutzschalter (RCD) gesichert werden. Wenn auf kleinen Baustellen keine separate Baustromversorgung zur Verfügung steht, müssen mobile FI-Schutzschalter, sogenannte PRCD-S, eingesetzt werden. Solche Schutzeinrichtungen sind auf Baustellen erforderlich, nicht nur weil eine Vorschrift das verlangt, sondern weil dadurch Leben gerettet werden.

Was ist zu beachten, wenn doch mal ein Unfall geschehen ist? Wichtigster Grundsatz bei der Ersten Hilfe ist der Selbstschutz. Laien können die gegebenenfalls noch bestehenden Gefährdungen nach dem Unfall nicht immer sicher erkennen. Wenn die Lage unklar ist, dürfen Sie dem Verletzten nicht zu nah kommen. Veranlassen Sie bei Hochspannungsunfällen die Ausschaltung. Denn Elektrofachkräfte müssen die Anlage erst freimelden, bevor sich jemand der Unfallstelle nähern darf. Die Notfallrufnummern der jeweiligen Anlagenbetreiber müssen daher vor Ort jederzeit verfügbar sein. Situationsbedingt ist es aber oft möglich, nach einem Unfall im Niederspannungsbereich, z.B. im Büro, die Sicherungen oder einen Hauptschalter zu betätigen oder notfalls auch eine Anschlussleitung aus der Dose zu ziehen. 

An eine funktionierende Rettungskette bei der Ersten Hilfe sollte schon bei der Planung der Arbeiten und nicht erst nach dem Unfall gedacht werden. Auf großen oder unübersichtlichen Baustellen müssen die Rettungskräfte ggf. eingewiesen werden. Weil das Herzkammerflimmern meist nicht von alleine wieder aufhört, sorgt die Herzdruckmassage bis zum Eintreffen des Notarztes / der Notärztin für Blut im Kreislauf. Sollte der Verletzte Glück im Unglück gehabt haben und er ist nicht schwerer verletzt und ansprechbar, sollte er dennoch eine Weile in der Schocklage verbleiben. Manche Auswirkungen zeigen sich erst verzögert. Da Spätfolgen an Herz und Nieren nicht auszuschließen sind, soll nach jedem Elektrounfall ein Arzt / eine Ärztin aufgesucht werden, auch wenn keine offensichtlichen Symptome vorliegen. Am besten lassen Sie es natürlich gar nicht zu einem Unfall kommen! Dies gelingt, wenn sich alle Beteiligten an die Grundsätze zur Vermeidung von Gefahren im Umgang mit der elektrischen Energie halten! 

Wichtig ist natürlich auch, immer auf dem neusten Stand der Technik zu bleiben und sich stets über neue Entwicklungen zu informieren. Nutzen Sie dazu die Angebote auf der Website der BG BAU.

Auf der letzten Folie steht: „Pass auf Dich auf!“