Hitzewellen, Extremwetterereignisse und Zukunftsängste: Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen der heutigen Zeit. Seine Folgen wirken sich auch auf die Arbeitswelt und somit auf die Gesundheit der Erwerbstätigen aus. Eine aktuelle Umfrage unter rund 1.000 Beschäftigten aus verschiedenen Branchen zeigt: 60 Prozent der Befragten sagen, dass der Klimawandel ihren Arbeitsplatz und ihre Gesundheit bereits beeinflusst oder in den letzten Jahren beeinflusst hat. Die Umfrage wurde im Auftrag der Techniker Krankenkasse (TK) vom Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) durchgeführt. Sie ist Teil des TK-Gesundheitsreports 2025 „Macht das Wetter krank? Der Einfluss des Klimawandels auf die Arbeitswelt”, der heute in Berlin vorgestellt wurde. Beschäftigte, die überwiegend draußen arbeiten, wie im Baugewerbe oder in der Landwirtschaft, fühlen sich deutlich mehr von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen (77 Prozent) als Erwerbspersonen, die drinnen arbeiten (50 Prozent). Gleiches gilt für die Befragten, die schwer körperlich tätig sind, im Vergleich zu den Berufstätigen, die überwiegend am Schreibtisch sitzen wie etwa in der Verwaltung (75 Prozent vs. 39 Prozent).
Folgen des Klimawandels machen krank und schwächen die Wirtschaft
„Der Klimawandel ist ein Gesundheitsrisiko, vor dem die Arbeitswelt nicht die Augen verschließen darf“, sagt Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK. Dies machten etwa die immer häufiger auftretenden Hitzewellen deutlich. „Starke und langandauernde Hitze hat bereits jetzt Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit der Menschen am Arbeitsplatz. Hitze macht müde, geht auf den Kreislauf und kann zu Konzentrationsstörungen führen. Die Gefahr von Arbeitsunfällen steigt und die Produktivität der Beschäftigten nimmt ab“, warnt Baas. Das empfindet auch ein großer Teil der Beschäftigten: Für gut vier von zehn der Befragten sind die Senkung der Leistungsfähigkeit oder Produktivität sowie ein erhöhtes Unfallrisiko auf die Auswirkungen des Klimawandels zurückzuführen (43 Prozent und 41 Prozent).
Kreislaufprobleme, Borreliose, Sonnenbrand und Hitzeschlag
Auch bestehen nachweisbare Zusammenhänge zwischen Hitzetagen und Krankschreibungen aufgrund von bestimmten Diagnosen. Laut TK-Daten erfolgen Krankschreibungen mit einigen Diagnosen im Umfeld von Hitzetagen* mehr als doppelt so häufig wie saisonal erwartet und konzentrieren sich damit deutlich stärker als andere Beschwerden auf die wärmsten Tage des Jahres. Dazu gehören zum Beispiel Krankschreibungen mit Borreliose (typischerweise nach Zeckenbiss), mit Kreislaufproblemen, niedrigem Blutdruck, Sonnenbrand, Insektenstichen und bestimmten Wundinfektionen. Der Diagnoseschlüssel für „Schäden durch Hitze und Sonnenlicht”, mit dem vorrangig Hitzeschläge und Sonnenstiche erfasst werden, führt im Umfeld von Hitzetagen sogar rund siebenmal häufiger als erwartet zu Arbeitsunfähigkeiten. Besonders häufig betroffen sind bei dieser Diagnose Beschäftigte in der Baubranche.
Dr. Thomas Grobe, vom Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen (aQua-Institut): „Insgesamt betrachtet, machen die Diagnosen, die in einem offensichtlichen Zusammenhang mit höheren Temperaturen stehen, bislang nur einen sehr kleinen Anteil am Gesamtkrankenstand aus. Nicht jede Belastung führt gleich zu einer Krankschreibung, selbst wenn die persönliche Leistungsfähigkeit erheblich sinkt. Das heißt, wir sehen in den Daten der Erwerbstätigen aktuell sinngemäß nur die Spitze des Eisbergs.“
Arbeitgeber fühlen sich von Klimawandel weniger betroffen
Für die Studie wurden auch gut 350 Arbeitgeber befragt. Diese sehen das Thema zurzeit weniger dringlich als die Beschäftigten. Dr. Fabian Krapf, Geschäftsführer IFBG: „Nur rund 40 Prozent der befragten Unternehmensverantwortlichen sehen aktuell Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit ihrer Angestellten. Auch hat bisher nur ein kleiner Anteil der befragten Unternehmen bereits Maßnahmen ergriffen, um negative Folgen vorzubeugen.“ Die Hauptgründe, die sie davon bisher abhalten: hohe Kosten (41 Prozent), bürokratischer Aufwand (28 Prozent), organisatorischer Aufwand (27 Prozent), keine klaren gesetzlichen Vorgaben (25 Prozent) sowie fehlende technische Voraussetzungen (24 Prozent).
Das wünschen sich die Beschäftigten
Doch was wünschen sich die Beschäftigten konkret, um trotz Klimawandel weiterhin gesund arbeiten zu können? An erster Stelle steht der Wunsch, dass innerhalb des Unternehmens Bewusstsein für nachhaltiges Verhalten geschaffen wird (38 Prozent). Es folgen bauliche Anpassungen, zum Beispiel die Klimatisierung von Büroräumen (35 Prozent) und flexiblere Arbeitszeiten, um etwa nicht in der Mittagshitze arbeiten zu müssen (27 Prozent). Darüber hinaus wünschen sich die Beschäftigten Hitzeaktions- und Notfallpläne für Extremwetterereignisse (26 und 25 Prozent) und lockerere Bekleidungsvorschriften (24 Prozent).
Sonnenschutzbereiche, angepasste Arbeitszeiten, Schutzkleidung
Viele Maßnahmen lassen sich bereits niedrigschwellig umsetzen. Die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) bietet ihren Mitgliedern beispielsweise umfangreiche Informationen und Arbeitsmaterial zum Umgang mit Hitze sowie finanzielle Unterstützung für Schutzmaßnahmen. Professor Frank Werner, stellvertretender Leiter der Hauptabteilung Prävention der BG BAU: „Häufig können Beschäftigte schon mit einfachen Maßnahmen geschützt werden. Dazu gehören zum Beispiel die Einrichtung von Sonnenschutzbereichen, angepasste Arbeitszeiten sowie die Bereitstellung von UV-schutzgerechter Arbeitskleidung. Wichtig ist, dass Führungskräfte ihren Mitarbeitenden zeigen, dass ihnen das Thema Hitzeschutz wichtig ist und sie selbst mit gutem Beispiel vorangehen.“
*Als „Hitzetag“ gelten Tage, an denen die durchschnittliche Lufttemperatur mindestens 20,2 Grad Celsius beträgt. Das bedeutet, dass sowohl die Tages- als auch die Nachttemperaturen zusammen im Schnitt diesen Wert erreichen oder überschreiten.
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